Oberstdorf sollte unser Startziel für eine
anspruchsvolle Alpentour sein, da es m.E. ein Garant für traditionelle Küche
& Unterkunft sowie sehr gut ausgestatteter Sportshops ist.
Das Ziel, der Gardasee ist bei der Durchsicht vieler Routen aufgefallen,
das wohl schönste Ziel im gesamten Alpenraum. Das die verbindende Route
zufällig als eine der schwersten Überquerungen im Alpenraum gehandelt wird,
weckt Ergeiz.
Schnipsel (Sebastian C), mit dem die Idee entstand, hat
mit wohl 15 Jahren Mountainbike-Marathon-Erfahrung für solch eine Tour ideale
Vorraussetzungen, meine Wenigkeit hingegen ist mit dem Fahrrad vorher wohl nie
über 20 km gefahren. Wir trainierten zusammen, er half mir ein passendes Rad
zusammenzustellen, dafür bereitete ich die Planung fürs Alpine, die Navigation
und das Notfall-Equipment vor. Das 2-monatige Zeitfenster, in dem überhaupt
eine Überquerung möglich ist, ließ uns am Geburtstag von Schnipsel, den 27.07.
mit 2 Wochen Urlaub im Gepäck per Bulli nach München queren. Ois Guade !
In Oberstdorf haben wir in der Pension Rietzler, Falkenstr.16 eine schöne Unterkunft mit freundlichen Gastgebern und
leckerem Frühstück bekommen. Ein zweiter Satz Bremsbelege, lange Handschuhe (Super
Entscheidung) sowie Energieriegel haben wir im gut sortierten Shop des
Namensgebers unser Route, von Frau Heckmair persönlich mit netter Beratung
erhalten. Wetterberatung und der Hinweis, dass die Route Ihres Mannes soeben
Ihren 20. Geburtstag feiert hat uns zusätzlich angespornt (trotz Dauerregen).
Unbedingt besuchen !
Wegen heftigen Dauerregen sind wir erst um 10.00h gestartet und hinter Oberstdorf nach ca.10 km auf unsere Route gestoßen. Im
kleinen Gang ging es die nächsten 15km bergauf mit einem ersten Eindruck, was
uns da erwartet. An der kleinen Schwarzhütte haben wir die schon ansatzweise
durchnässten Klamotten aufgehängt und was warmes getrunken. Ab hier wurde es
richtig heftig, 3 Stunden Radl schieben und tragen, Der Weg ist grobsteinig und
dank Regen teils rutschig. Am letzten Stück bergauf des Schrofenpasses kommt
die gefährlichste Stelle die mit dem Rad auf der Schulter über Alubrücken einer
schmalen Verschneidung am Fels entlang führt. Warnschilder deuten, dass hier so
mancher Leichtsinn dauerhaft endete. Der Dauerregen hat die Abstiegseite zur
Schlammrutschbahn gemacht, sodass wir unsere 11-Kg-Bikes auch bergab schoben.
Als es dann endlich fahrbar wurde, bin ich auf der ersten Schotterpiste bei
Tempo 45 recht spät auf den spannungsführenden Kuhdraht aufmerksam geworden
(Nebel), sodass eine Vollbremsung nicht reichte ohne Salto den Draht zu
übersteigen. Nix passiert, puh !
In Lech angekommen geht’s gleich schon wieder Bergauf zum Formarinsee,
natürlich auch am späten Nachmittag bei Regen. Ich war mittlerweile derart
durchgefroren wg. der nassen verschwitzten Kleidung, dass ich bei Pausen (bei
5°C)sofort zitterte. Am frühen Abend gg. 19.00h hatten wir die erste Etappe
geschafft. Ein Kamin und 3 Früchtetees tauten mich wieder auf. 2 Radfahrer und
Thomas ein Deutschdozent aus Bielefeld boten uns noch jede Menge Gesprächbedarf
aber am Ende waren wir froh unsere erste
Hüttennacht im Schlaflager zu genießen. Unser
Schlaflager war regenbedingt komplett
leer.
Am nächsten Tag mit halbtrockener Regenkleidung ging es
dann auf Schotter bergab über St. Gallenkirch direkt über den 2. Tragepass
„Raues Joch“ mit ´nem neuen Loch im Helm nach Dalaas. Ich hatte das Vorderrad im
Fels eingeklemmt und bin kopfüber auf einem spitzen Stein gelandet – danke Helm ! Nach Silbertal und auf zum 3. Pass „Kristbergsattel“ von
dort erstmals regenfrei bergab nach Schrunz und bergauf bis nach Gargellen.
Nach 10 Stunden haben wir entschlossen hier einzukehren. Wieder eine super
Pension mit großartiger Freundlichkeit.. Unsere Kleidung wurde gewaschen und
getrocknet. Mein heftigster Tag der gesamten Tour, die letzten Kilometer zogen
sich elendig lang, statt 6 km waren es tatsächlich 10 km im kleinsten Gang. Hab
zum Trost göttlich geschlafen :o)
Mit frischer Kleidung und endlich gutem Wetter auf zum
Schlappiner Joch. Endlich wurden wir belohnt mit Sonne, der Aufstieg ging
völlig motiviert gut voran. Im Wald kam eine begehrliche Frau entgegen und
fragt nach einem Pneu, Wir hatten Flickzeug dabei und fuhren mit der
Sportskanone bergauf zu Ihrer Freundin,
wo wir innerhalb 3 min ihren Schlauch flickten und weitereilten. Bergab war
heftiger Schotter bei Tempo 67, Schnipsel ist bei der Geschwindigkeit das
Hinterrad derart verrissen, das wir ihn schon abfliegen sehen habe. Kurz vor
dem Ende der irrsinnigen Abfahrt erwischte es mich erneut. Der Schotter hatte
mein Hinterrad aufgeschlitzt, sodass ich bei einer Brückenüberfahrt ebenfalls
verriss und mit einem entgegenkommenden Italiener zusammen stieß. Er landete im
Gebüsch, ich auf der Strasse. Ihm ist nichts passiert , außer das ein
Holzschild umknickte, ich hatte fort an Asphaltflechte an Bein, Po und Arm…Das
Rad mit neuem Schlauch beseelt fuhren wir - ich noch leicht geschockt – nach
Kolsters und Bergauf nach Davos. Unser Essen, für jeden 1 Wurstbrotscheibe und
Saft für 28,-€ schmeckten erstaunlich lecker. Wir durchfuhren Davos und
schauten uns etwas die City an, in der gerade ein internationaler Berglauf
stattfand. Unglücklich, dass unser Ziel zufällig direkt an der Laufstrecke lag
und somit ausgebucht war wie der Rest in Davos. Uns blieb nicht anderes übrig
zur Grialetschhütte aufzusteigen. Von Dürboden ging es dann tragend 3 Std. mit
den Fahrrädern bergauf, bis zur Weggablung an der wir die Räder zurück ließen
und zu Fuß weiterliefen. Schnipsel hat sich hierbei lauter Blasen geholt was ihm seine Kräfte raubte. Diesmal hat er die
letzte Strecke mit sich gekämpft, Selbst die lustigen Murmeltiere konnten ihm
keine Freude mehr abringen. Nach 14 Std.-Tagesetappe kamen wir auf der
ausgebuchten Hütte in 2545m an und schliefen wir im Schlafsaal mit 30 Leutz -
Schnarch-Symphonie inkl.- Schnipsel hatte Schwierigkeiten bei der Höhenluft
einzuschlafen. Ich wachte am nächsten morgen mittelmäßig ausgeruht dicht
gedrängt zwischen Schnipsel und einer 45 jährigen Frau auf meiner 70cm breiten
Schlaffläche auf. Schnipsels böse Blasen haben wir mit Blasenpflaster versorgt
und sind dann nach Morgenwäsche am Kaltwassertrog zu unseren Fahrrädern
abgestiegen.
4.Etappe: Grialetschhütte (2545m) – Livigno
Länge: 54 Kilometer Höhenmeter: 2.385 Strecke: Grialetschhütte
(2545m) Scalettapass ( 2.606 Meter) – Val Susauna – Val Chachauna –
Chachaunapass (2.694 Meter) – Val – Federia – Livigno
Nach kürzer Zeit lösten sich die Blasenpflaster immer wieder, mit
Verband konnten wir die Pflaster im Aufstieg zum Scalettapass so fixieren, dass
die Tagesetappe mit den heftigsten
Höhenmetern auf 2 Pässen dem zähen Schnipsel soeben gelang. Der Scalettapass
liegt noch im Land der Murmeltiere, ist recht steinig aber bergab fahrbar. Im
Val Suasanna haben wir dann Mittag gegessen und mit zwei ca. 80 jährige
Schweizerinnen am Tisch Freundschaft geschlossen :o) Eine hob meinen Rucksack
und meinte viel zu schwer, kneift in meinen Oberschenkel und zwinkert: Damit
wird’s gehen. Der Chachaunapass ist sicher einer der schönsten Pässe, Der
Aufstieg ist superheftig. In einer Erdrinne gleich einer Bobbahn schiebt man
sein Rad 3 Stunden auf losen Untergrund auf die höchste Passüberquerung. Bei
Regen will ich behaupten, ist der Aufstieg mit Fahrrad absolut unmöglich, Der
fehlende Halt am Boden ist das Problem, wer einmal ins rutschen gerät findet
bis ins Tal keinen Halt. Abwärts sind wir schon in Italien - eine fahrbare
Abfahrt macht es nach dem 2. Tagespass sehr angenehm. Im Steuerparadies
Livigno haben wir gleich 2 Tage ausgespannt damit die Blasen heilen konnten.
Ein supermodernes Erlebnisbad mit Sauna und Außenbecken inkl. Bergblick, dazu
waren wir Einkaufen und haben unseren Urlaub schlicht genossen. Livigno hat
eine super Shoppingmeile und lohnt dank steuerfreiem Einkauf auf jeden Fall.
Bella Italia
5.Etappe: Livigno - Ponte di
Legno Länge: 83 Kilometer Höhenmeter: 1.863 Strecke: Livignio – Alpisellapass (2.260
Meter) – Lago di Cancano – Torri di Fraele – Bormio – Gaviapass (2.661
Meter) – Ponte di Legno
Die
beste Strecke unser Tour. entlang dem bildschönen Alpisellasee geht es stetig
aufwärts zum Alpsellapass. An alten Militärbaracken und Stauwehren entlang über
Schotter konnten wir durchgehend einer wunderschönen Natur entlangfahren. In
Bormio haben wir Mittag gegessen und den ersten Asphaltpass, den berühmten
Gaviapass der „Giro d´Italia“ (Rennrad) in Angriff genommen. Das Wetter zog wieder
zu und oben am Pass war es bewölkt, windig und kalt. Der Pass wird von Motorrad-
und Cabriofahrern gern genutzt , was es für Radfahrer gefährlich macht. Bergab
kommt ein Tunnel, der nicht ohne Licht befahren werden kann. Wir sind beide im stockdunklen
Tunnel angehalten und haben erstmal unsere Lampen ausgepackt. Bergab haben wir mit Tempo 70 bei
beginnenden Regen nach Ponte di Legno die empfohlene Pension von Giuseppe „Albergo
Cervo“ gesucht, und Giuseppe hat uns gefunden .. Er stand mit einem Schild an
der Strasse und holte uns quasi aus dem Regen. Fahrräder stehen wie bei www.Heckmeier-route.de
beschrieben hinter der Bar von den 4 Stammgästen bewacht, also 2 Aufpasser je
Fahrrad. Giuseppe ist Top auf Radler eingerichtet und einfach urig in
angenehmer Atmosphäre.
6.Etappe: Ponte di Legno –
Madonna di Campiglio
Länge: 78 Kilometer Höhenmeter: 1.724 Strecke: Ponte di Legno –Passo
del Tornale (1883) – Vermiglo . Ossana – Dimara – Mt. Vigo (2180) – Madonna di Campiglio
Aufgrund
der Wetterverschlechterung und der Warnungen zum Passo di Campo haben wir
entschieden nicht den Pass zu nehmen, sondern 8 Km mit der Gondel zu sparen und
über den Passo di Tornale (1883) über Asphalt weiterzufahren. Bei Dimaro haben
wir Mittag gegessen und ein Bike-Team immer wieder auf einer Waldstrecke getroffen.
Ins Gespräch gekommen stellte sich heraus, dass das vier Teilnehmer aus Polen
kamen, um für eine polnische Bike-Zeitschrift über die Umgebung zu schreiben. Schnipsel
hat auf polnisch Kontakt geschlossen und meinte wir kommen vielleicht mit ´nem
Foto dort in die Zeitschrift *grins* - Sie wollen uns mailen. Am M. Vigo fuhren
wir dann nach gemeinsamer Bergauffahrt Richtung Madonna di Campiglio weiter. Die
letzte Strecke im Wald am Wildwasserfluss entlang ist wieder ein Highlight des
Tages gewesen. Meine Bremsscheibe hat mittlerweile hitzebedingt Wellen
geschlagen und erschwert wegen dem schleifen das Bergauffahren.
7.Etappe: Madonna di Campiglio
– Riva de Garda Länge: 96 Kilometer Höhenmeter: 1.601 Strecke: Madonna di Campiglio- Pinzola –
Strembo – Tione – Comano – Arco – Riva
d. Garda
Bei
Regen haben wir die Reststrecke auf einer stark befahrenen Hauptstrasse bis zum
Gardasee mit zusammengebissenen Zähnen und Wasser in den Schuhen zu Ende gefahren.
Zwischendurch musste ich einen Bremsbelagsatz wechseln , weil der Anfangs neue
Satz bis aufs Trägerblech runter geschliffen war. Kurz vor dem Gardasee haben
wir uns den Bauch mit Trauben voll geschlagen, problemlos eine gute Unterkunft bekommen
und zwei Tage richtig aufgelebt.